Tanz verfügt über einen enormen Reichtum an kulturellen Ausdrucksformen, Stilen, Techniken und Inszenierungsformen und genauso vielfältig sind auch die verschiedenen Handlungsfelder in denen Tanzpädagogen als lehrende Künstler tätig sind.
Schwerpunkte, Ziel- und Altersgruppen sind ebenso unterschiedlich wie institutionelle und organisatorische Rahmen. Das erfordert umfassende, adressatenspezifische Fachkompetenzen. So werden andere Anforderungen an Tanzpädagogen gestellt abhängig davon, ob sie an einem integrativen Projekt mit Jugendlichen arbeiten, eine Schulvorstellung einer privaten Tanzschule vorbereiten oder ob es sich um eine Produktion mit professionellen Tänzern handelt.
Hinsichtlich der Zielgruppen, der didaktischen und methodischen Konzeption sowie des pädagogisch-künstlerischen Schwerpunktes gliedern wir das breite Feld der Tanzpädagogik in drei unterschiedliche Einsatzbereiche, die selten in reinster Form vorkommen. Es handelt sich vielmehr um eine Einteilung nach dem Hauptschwerpunkt des Vorhabens.
In all diesen Bereichen verstehen wir immer die Tätigkeit des Tanzpädagogen als eine aktive und kreativ/ künstlerische Auseinandersetzung und direkte Arbeit mit dem Medium Tanz und dem tanzenden Menschen im Sinne der kulturellen Bildung:
Den Lern- und Auseinandersetzungsprozess des Menschen mit sich, seiner Umwelt und der Gesellschaft.
- Bildung durch Tanz. Tanzpädagogik innerhalb der künstlerischen Tanzvermittlung.
Dieser stellt den dynamischsten der drei Bereiche dar, da er analog auf den Wandel der Gesellschaft reagiert. In diesen Bereich fallen tanzkulturelle Projekte auf breiter gesellschaftlicher Ebene, sozio- und interkulturelle Projekte im schulischen und außerschulischen Bereich. Sie sind thematisch sehr vielfältig und meistens
prozessorientiert und partizipativ.
- (Aus)Bildung zum Tanz. Tanzpädagogik für den Künstlerischen (Bühnen-)Tanz.
In diesem Bereich stellt sich die Tanzpädagogik als spezielle Lehre in der Vor- und Ausbildung von künstlerischen Persönlichkeiten dar, unabhängig davon, ob der Unterricht im Amateur- oder im berufsorientierten Bereich stattfindet. Es umfasst die gesamte Bandbreite von der tänzerischen Früherziehung über den kreativen Kindertanz bis hin zur Berufsausbildung. Schwerpunkt ist die Nachwuchsförderung unabhängig von der ausgeübten (Tanz-)Technik und Stil. Das ist der Haupteinsatzbereich des DBfT.
- Tanzpädagogische Arbeit im Bereich des professionellen Tanzes.
Darunter fällt die Arbeit in den verschiedenen Tanzensembles sowohl an den Theatern als auch in den freien Gruppen. Dazu gehört auch der Bereich der Ballettmeister, Trainingsleiter und Choreografen.
Nicht nur die Vielfältigkeit des Tanzes, sondern auch die o.g. Heterogenität der Arbeitsfelder, lässt einen gemeinsamen Kern eines Berufsbildes für Tanzpädagogen zunächst schwierig erscheinen. Unser Leitbild beschreibt jedoch wichtige Merkmale des Tanzes, aus denen sich einige zentrale Qualitätsfelder und professionelle Charakteristika dieses spannenden Berufes ableiten lassen.
Der Tanz besitzt eine inhärente Besonderheit, die ihn charakterisiert und signifikant von anderen darstellenden Kunstgattungen unterscheidet: Als sprachunabhängige Kunstform ist der bewegte oder unbewegte Körper des Tänzers sein einziges Ausdrucksmedium, um universelle Inhalte jenseits gesellschaftlicher Ordnungen und Grenzen allverständlich zu vermitteln. Die Tänzerin oder der Tänzer ist einerseits ausführendes Subjekt und andererseits - in Gestalt des eigenen Körpers - Objekt und Instrument der künstlerischen Gestaltung: Er wird zum gestalteten künstlerischen Inhalt.
Körperlichkeit und körperliche Nähe sind im Tanz zentral und aus der Praxis nicht wegzudenken. Darüberhinaus wird das Individuum in seiner Gesamtheit angesprochen, d.h. nicht nur mit Körper und Geist, sondern auch mit seinen Sinnen und Gefühlen. Diese außerordentliche Dualität der Subjekt-Objekt-Bindung, die der tanzende Mensch verkörpert, zusammen mit der Einbeziehung seiner ästhetischen und sinnlichen Erfahrungen und seiner Gefühlswelt, stellt das Wesensmerkmal des Tanzes, seine Stärken, aber auch seine Zerbrechlichkeit dar und erfordert besondere ethische Rahmenbedingungen und Normen in der Tanzpädagogik. Das individuelle Empfinden dieser (körperlichen) Nähe bzw. Distanz, aber auch der sorgfältige Umgang im Bereich der sinnlichen Erfahrung und der Gefühlswelt als wesentliche Bereiche der Persönlichkeitsbildung, rücken in den Vordergrund und werden zu einem übergreifenden und immer präsenten Aspekt der Tanzpädagogik. Die Integrität und die Würde des (tanzenden) Menschen und seine körperliche und seelische Unversehrtheit müssen jederzeit gewährleistet sein. Ein möglicher Konflikt zwischen Wahrung der verfassungsmäßig garantierten Persönlichkeitsrechte der Tänzer bzw. der Schutzbefohlenen und des Rechts der Kunstfreiheit (z.B. choreografische Gestaltung der Unterrichtsziele) muss unbedingt durch eine fachkundige und permanente Evaluation der Unterrichtsinhalte und Lehrmethoden verhindert werden.
Das Berufsleitbild des Tanzpädagogen akzentuiert aber nicht nur ethisch-pädagogische Grundsätze. Ein weiterer zentraler Aspekt ist die sachgerechte und physiologisch-körpergerechte und funktionelle Vermittlung des Tanzes, die das Wohl und die Gesundheit der Lernenden und Übenden schützt.
Die Qualität eines Tanzpädagogen setzt sich demnach aus einem delikaten Zusammenspiel all dieser genannten Faktoren zusammen, die eng miteinander verbunden sind, sich gegenseitig ergänzen, beeinflussen und bedingen, letztendlich aber in ihrer Gewichtung eine Balance erreichen, welche die Figur des Tanzpädagogen in seinem zugehörigen Einsatzbereich charakterisiert.
Neben den persönlichen Merkmalen eines Tanzpädagogen, wie dem Einfühlungsvermögen, der Authentizität, der menschlichen Intuition, der emotionalen Intelligenz oder der ethischen Integrität, spielen weitere professionelle Fähigkeiten eine entscheidende Rolle.
Ein qualitativ guter Unterricht verlangt eine sehr gute fachliche Kompetenz, die durch die stilgebundene Fachkenntnis seitens des Lehrenden bzgl. der Methodik und Didaktik, der Musiklehre, der Rhythmik und Musikalität und auch der Tanzgeschichte charakterisiert wird.
Ein hohes Ziel der Tanzpädagogik ist es, ein gesundes Unterrichten zu gewährleisten und den Nachwuchs in seiner Persönlichkeit (-sbildung) zu stärken und voranzubringen.
Hierzu gehören nicht nur gute Kenntnisse der Ontogenese, der funktionellen Anatomie, der Physiologie, der Bewegungsanalyse und der Fehlerkorrektur, sondern auch der allgemeinen Pädagogik und der Lernpsychologie.
Ausschlaggebend für den Beruf des Tanzpädagogen ist aber sein künstlerischer Ansatz. Durch seine Arbeit muss der Tanzpädagoge in der Lage sein, künstlerische Prozesse im Sinne des ästhetischen Lernens in Gang zu setzen, die „Magie“ des Tanzes und seine sinnliche Erkenntnis näher zu bringen und Neugierde und Begeisterung für den Tanz und die Kunst zu wecken.
Um die bestmögliche Qualität des Tanzunterrichts zu gewährleisten, sind ein konstanter und reger fachlicher Austausch, sowie stetige Fort- und Weiterbildung im Sinne der kulturellen Bildung und des lebenslangen Lernens und die Fähigkeit der Selbstreflexion unabdingbar. Diesen Punkten kann man nicht genug Aufmerksamkeit schenken, und man sollte sie immer im Auge behalten.
Quellenangaben:
„Ethische und Ästhetische Werte in der Tanzpädagogik“; Arbeitspapier von Martin Puttke, Stand 07.04.2018.
„Künstlerischen Tanz Vermitteln und Unterrichten“; Arbeitspapier von Dr. Claudia Fleischle-Braun, Stand 10.02.2018
„Qualitätskriterien für Tanzpädagogen“; Ergebnisse des Tanzkongresses des DBfT vom 23.04.2017 in Dortmund.
„Verhaltenskodex und professionelle Praktiken für registrierte Lehrer der Royal Academy of Dance“; <http://www.
royalacademyofdance.de/doc/rad_verhaltenskodex_fuer_registrierte_lehrer_stand_2008-06.pdf>, letzter Zugriff:
September 2018.